Reformationsstadt Ilanz
Schweiz
Ilanz
Das Reformations-„Städtli“
Ilanz liegt am Vorderrhein im schweizerischen Kanton Graubünden. Mit nur zweieinhalbtausend Einwohnern ist die erste Stadt am Rhein das Europäische Reformations-„Städtli“. Doch sagt die Größe nichts über die Bedeutung der Stadt aus. Seit über 700 Jahren hat Ilanz Stadtrechte. Hier spricht man Deutsch und Rätoromanisch. Ilanz mit seiner gut erhaltenen historischen Altstadt liegt im Herzen der Wintersport- und Skigebiete der Surselva. Im Jahr 2014 fusionierte die Stadt Ilanz mit anderen Gemeinden zur kommunalen Gemeinde Ilanz/Glion.
Auch für die Geschichte der Reformation kommt der kleinen Stadt eine große Bedeutung zu. Neben Davos und Chur war Ilanz nämlich Tagungsort der allgemeinen Bundesversammlung der Drei Bünde. Mit der Verabschiedung der Ilanzer Artikel von 1524 und von 1526 sprachen die 64 Gesandten den Gemeinden im Freistaat der Drei Bünde unter anderem das Recht der Pfarrerwahl zu und beschnitten damit die Rechte des Bischofs und des Adels.
Nach Klagen im Dezember 1525 über Comander und andere 40 Geistliche, die „der katholischen Kirche zuwiderlaufende Lehren“ verkünden würden, haben die Häupter der Drei Bünde auf den Januar 1526 eine Disputation in Ilanz zwischen Johannes Comander (um 1485–1557) und dem Churer Prämonstratenserabt Theodul Schlegel (um 1485–1529) verfügt. Comander wirkte seit 1523 in Chur als Priester am St. Martin und verfasste für die Disputation seine „Ilanzer Thesen“, basierend auf Zwinglis Schlussreden. Das Erbe des Johannes Comander prägt bis heute die Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden und die Kantonsverfassung. Er arbeitete die erste reformierte Kirchenverfassung aus und begründete 1537 die Bündner Synode. Bis heute kommen in dieser Versammlung jährlich alle Pfarrerinnen und Pfarrer des Kantons zusammen und beraten über die Aufnahme und Ordination von Pfarrerinnen und Pfarrern in den Bündner Kirchendienst, befassen sich mit theologischen und liturgischen Fragen und nehmen die Oberaufsicht über die Pfarramtsführung war. Im Sonntagsgottesdienst während der Synode werden jeweils die neuen Pfarrerinnen und Pfarrer ordiniert. Die Bündner Synode ist eine der ältesten Synoden im Protestantismus und bis heute in Bezug auf Aufgaben und Zusammensetzung ein Unikum.
In der Reformationszeit gab es in Ilanz auch eine geheime Täufergemeinde. Leopold Scharnschlager, (um 1485–1563) ein führender Kopf der Täuferbewegung, hatte ab 1546 in Ilanz eine Anstellung als Schulmeister gefunden und betreute die kleine Täufergemeinde. Mit anderen täuferischen Gemeinden bis hin nach Mähren unterhielt er regen Briefkontakt.
Einige Bauwerke in Ilanz geben noch Zeugnis von der Reformationszeit. In der reformierten St. Margarethenkirche, in welcher auch die Ilanzer Disputation stattfand, befinden sich auch spätgotische Wandmalereien, darunter eine Abbildung des Todes, der mit einer Frau Schach spielt. Die Casa Cumin, das alte Rathaus, in dem die Bundesversammlung stattfand, wurde 1880 durch einen Neubau ersetzt. Die Sprache in Ilanz ist ein eigenes lebendiges geschichtliches Zeugnis. Der Ilanzer Pfarrer Stefan Gabriel gab 1611 mit seinem Katechismus das erste Buch auf surselvisch, also dem rätoromanischen Idiom des Vorderrheintals heraus.
Durch die Annahme der Reformation in Ilanz und in einigen umliegenden Gemeinden ergab sich eine herausfordernde Nachbarschaft zu den Gemeinden, die dem Bischof treu blieben. Diese wechselvolle Geschichte hat sich zu einer lebendigen Ökumene entwickelt, die bei den Feiern zum Reformationsjubiläum Berücksichtigung finden wird.
Links
Stadt Ilanz: www.ilanz-glion.ch/home.html
Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Ilanz: http://ilanz-reformiert.ch/
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden: www.gr-ref.ch/
Programm zum Reformationsjubiläum Ilanz und Umgebung: https://www.ilanz-glion.ch/aktuelles/reformationsstadt-europas/veranstaltungen-2017.html
Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund: www.kirchenbund.ch/de