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Reformationsstadt Lemgo

Deutschland

Lemgo

Eine “Zwei-Klassen-Gesellschaft”

Die Alte Hansestadt Lemgo liegt im Norden des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Einem breiten Publikum ist die Stadt durch ihre erfolgreiche Handballmannschaft, den TBV Lemgo, bekannt.
Im Mittelalter erlangte die Stadt Lemgo als Handelsstadt einen beachtlichen Wohlstand und wurde in den Bund der Hansestädte aufgenommen. Davon zeugen bis heute die reich verzierten Steingiebelhäuser und Fachwerkbauten aus der Renaissancezeit. Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung wuchs auch das Selbstbewusstsein der Bürger gegenüber der Kirche und den lippischen Landesherren. Entlang der Handelswege breitete sich schnell die reformatorische Botschaft aus, bereits 1518 las der Lemgoer Stadtsekretär Engelbert Preine Luthers 95 Thesen und sprach sich gegen die Ablasspraxis aus. So entstand auch in Lemgo in den 1520er Jahren eine reformatorische Bewegung. In bewussten Inszenierungen bezeugten Lemgoer Bürger ihren evangelischen Glauben: Sie besuchten evangelische Gottesdienste in benachbarten Städten, aßen in der Fastenzeit demonstrativ Fleisch und sangen deutsche reformatorische Kirchenlieder in der Messe. Damit traten sie in offenen Konflikt zu Graf Simon V. von Lippe (1471-1536), der sich gegen die Reformation stellte.
Als Graf Simon 1533 militärisch gegen Lemgo vorgehen wollte, griff der hessische Landgraf Philipp der Großmütige (1504-1567) vermittelnd ein. Lemgo nahm noch im selben Jahr die Braunschweiger Kirchenordnung an und führte damit formal die lutherische Reformation ein. Doch die Angst vor einem militärischen Eingreifen des Landesherren blieb in Lemgo bestehen. Erst nachdem Simon V. verstorben war, wurde 1538 unter seinem Sohn Bernhard VIII. (1527-1563) die Reformation in der ganzen Grafschaft Lippe eingeführt.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts brachen die konfessionellen Gegensätze zwischen der lutherischen und der reformierten Reformation auf. 1605 trat Graf Simon VI. (1554-1613) zum reformierten Bekenntnis über, was zu Folge hatte, dass nun in der ganzen Grafschaft das reformierte Bekenntnis galt. Die selbstbewusste Lemgoer Bürgerschaft jedoch wollte diese „zweite Reformation“ nicht mitvollziehen und revoltierte offen gegen den Landesherren. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen erkämpfte die Stadt Lemgo einen Kompromiss: Im „Röhrentruper Rezess“ wurde der Stadt Lemgo 1617 zugestanden, lutherisch zu bleiben, während der Rest der Grafschaft Lippe sich zum reformierten Bekenntnis hielt.
Diese konfessionelle Verteilung besteht im Wesentlichen bis heute. Die Kirchengemeinden der Lippischen Landeskirche gehören entweder der lutherischen Klasse (überregionaler Kirchenbezirk) oder einer der drei reformierten Klassen (Kirchenbezirke) an. In Lemgo gibt es heute zwei evangelisch-reformierte Kirchengemeinden und drei evangelisch-lutherische Kirchengemeinden, wobei die Mehrzahl der Bevölkerung der lutherischen Klasse angehört. Sie alle bilden eine Landeskirche mit bekenntnisverschiedenen Gemeinden. Die Lippische Landeskirche war daher auch die erste Landeskirche, die 1973 die Leuenberger Konkordie unterzeichnete, welche die Abendmahlsgemeinschaft von evangelischen Kirchen und Christen verschiedener Bekenntnisse erklärte.
Die historische Altstadt von Lemgo versammelt einen wahren Schatz an Renaissancegebäuden aus dem 16. Jahrhundert, von denen viele mit Hausinschriften geziert sind. Oft sind es Bibelverse oder Sprüche, die von der evangelischen Überzeugung der Erbauer geprägt sind. Für das Jubiläumsjahr 2017 plant die Stadt Lemgo eine Publikation und eine Ausstellung, die das Reformationsjubiläum (1517) mit dem 400. Jubiläum des „“Röhrentruper Rezesses“ (1617) in Beziehung setzt.

Als Bürgermeister freue ich mich sehr, dass die Alte Hansestadt Lemgo als Europäische Reformationsstadt wahrgenommen wird. Dieser Titel nimmt Bezug auf die Geschichte unserer Stadt, die ganz maßgeblich durch die Reformation geprägt wurde. Gleichzeitig stellt er einen europäischen Zusammenhang her. Das ist für eine europaaktive Kommune wie Lemgo von besonderer Bedeutung.

Dr. Reiner Austermann

Bürgermeister, Lemgo

Lemgo ist schon bald nach 1517 zur lutherischen Reformation übergegangen und hat am lutherischen Glauben festgehalten. Dafür waren Netzwerke hilfreich, einst die Hanse, heute zum Beispiel der Lutherische Weltbund. Diese Netzwerke erinnern die Menschen daran, dass Gemeinde mehr ist als das, was sich vor Ort versammelt. Der Titel der ‚Europäischen Reformationsstadt‘ bringt dieses Eingebundensein in ein großes Ganzes bestens zum Ausdruck.

Andreas Lange

Lutherischer Superintendent

Links

Stadt Lemgo http://www.lemgo.net/
Tourismusbüro Lemgo http://www.lemgo-marketing.de
Lippische Landeskirche http://www.lippische-landeskirche.de/index.html
Lippe Lutherisch www.lippe-lutherisch.de
Stadtkonvent der Kirchen in Lemgo www.lemgo-evangelisch.de