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Reformationsstadt St. Andrews

Schottland

St. Andrews

Traditionsreichtum am Rande Europas

Die Stadt St. Andrews an der Ostküste Schottlands ist vor allem als älteste schottische Universität bekannt. Die malerisch an der Nordsee gelegene Universität genießt als Eliteuniversität weltweites Ansehen. Ihre 9000 Studenten stellen die Hälfte der Stadtbevölkerung.
Weil Schottland während des großen abendländischen Schismas des Papsttums bis zuletzt an Gegenpapst Benedikt XIII. in Avignon festhielt, wurde den Schotten das Studium auf dem Kontinent verwehrt. Daraufhin wurde 1410 vom Bischof in St. Andrews die schottische Universität gegründet. Die an ihr gelehrten Fächer waren zunächst Theologie, Kanonisches Recht und Artes Liberales, die sogenannten Sieben Freien Künste, die im mittelalterlichen Lehrbetrieb als Vorbereitung auf die Fakultäten Theologie, Jurisprudenz und Medizin galten. Nachfolgende Bischöfe fügten weitere Colleges hinzu. Das 1511 gegründete St. Leonard’s College wurde zum Zentrum reformatorischer Theologie.
Reformatorisches Gedankengut fand in Schottland seit den frühen 1520er Jahren Eingang. Es waren vor allem Kauf- und Handelsleute, die reformatorische Schriften und Gesinnungen übermittelten. Das schottische Parlament suchte seit 1525 durch Sondergesetze die Ausbreitung dieser Ideen zu bekämpfen. Der Lutherschüler Patrick Hamilton (ca. 1504-1528) hatte in St. Andrews studiert. 1527 besuchte er Wittenberg, dann Marburg, wo er seine „Loci Communes“ schrieb, ein Werk, mit dem er Hauptthesen zur Theologie Luthers aufstellte. Als er im selben Jahr nach Schottland zurückgekehrt war, bezichtigte ihn der Erzbischof von St. Andrews der Irrlehre. Er erlitt nach Verurteilung 1528 in St. Andrews den Feuertod. Hamilton gilt als erster Märtyrer der schottischen Reformation. Seine Hinrichtung soll angeblich im St. Leonard’s College die Zahl derer, die zum Luthertum übertraten, erhöht haben. In der Folge jedoch lebten die reformatorisch Gesinnten weitgehend im Verborgenen oder wichen ins Ausland.
Das gleiche Schicksal wie Hamilton, den Feuertod als Ketzer in St. Andrews, erlitt auch George Wishart (1513-1546). Der in Straßburg, Basel und Zürich geprägte Reformator war 1543/44 nach Schottland zurückgekehrt. Hier konnte er als Wanderprediger breite Wirkungen entfalten. Er hatte großen Einfluss auf John Knox (um 1514-1572), den nachmaligen maßgeblichen Reformator Schottlands. Wishart gewann Knox, der in St. Andrews studiert hatte, 1543 als Parteigänger für die Reformation. Als Wishart drei Jahre danach durch den Erzbischof David Beaton von St. Andrews zum Ketzertod verurteilt wurde, schloss sich Knox einer Gruppe von Aufständischen an, die den Erzbischof ermordeten und sich in der Bischofsburg verschanzten. Nachdem St. Andrews von französischen Truppen erobert worden, geriet Knox mit anderen Anhängern der Reformation als Galeerensträfling in Gefangenschaft.
Die Opposition hoher schottischer Adliger gegen die Politik der Königinmutter, Maria de Guise, die für ihre minderjährige Tochter Maria Stuart die Regierungsgeschäfte führte, begünstigte Ende der 1560er Jahre die Entwicklung der Reformation. Dieser Bund opponierender Adliger veranlasste 1569 John Knox, der bis dahin mit Unterbrechungen die meiste Zeit in Genf aufgehalten hatte, zur Rückkehr nach Schottland. Er gestaltete in den politischen und religiösen Wirren der kommenden Jahre federführend den reformatorischen Neubau der Church of Scotland.
Über das Parlament wurde ein evangelisches Bekenntnis beschlossen, die „Confessio Scotica“ von 1560. Bald darauf folgte ein durch den Adel bestätigtes „Book of Discipline“, mit dem Knox sein an Genfer Leitlinien orientiertes Kirchenmodell präsentierte, das ganz auf dem Pastoren- und Ältestenamt basierte. Als höchste Leitungsinstanz kam 1561 zum ersten Mal eine Generalsynode zusammen, die spätere „General Assembly“ der schottischen Kirche. Die Durchsetzung der reformatorischen Neugestaltung der schottischen Kirche sollte sich jedoch als langwieriger, von mancherlei Kämpfen und Konflikten begleiteter Prozess in der schottischen Kirchengeschichte erweisen.
Gegenwärtig sieht sich die traditionsreiche presbyterianische Kirche, die im Prozess fortschreitender Säkularisation ihrer Rolle als Nationalkirche verlustig gegangen ist, vor die Aufgabe gestellt, ihre Position in der schottischen Gesellschaft vor allem auch im Zeichen sozialer und diakonischer Projekte zu gestalten. Die Universität St Andrews und die Church of Scotland haben in ökumenischer Gemeinschaft der Kirchen von St Andrews zum 500th anniversary of the protestant Reformation 2017 ein profiliertes Programm entwickelt mit einer Reihe an Veranstaltungen, um die europaweite Wirkung der Reformation und die Rolle St Andrews in der Reformationszeit in unterschiedlichen Aspekten zu vergegenwärtigen.

Links

Universität von St. Andrews: www.st-andrews.ac.uk
The Royal Burgh of St Andrews Community Council: www.standrewscc.net
Tourismus: www.visitstandrews.com
Church of Scotland: www.churchofscotland.org.uk