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Reformationsstadt Braunschweig

Deutschland

Braunschweig

Reformation der Bürger

Braunschweig ist mit rund 250.000 Einwohnern die größte Stadt zwischen Hannover und Berlin. Heute eine attraktive Einkaufsstadt, lebendige Kulturstadt und Zentrum einer der forschungsintensivsten Regionen Europas, stand Braunschweig durch den Einfluss der Welfen und aufgrund seiner Lage am Schnittpunkt bedeutender Fernhandelswege und als Mitglied im Hansebund schon im frühen 16. Jahrhundert in besonderer kultureller und ökonomischer Blüte.
Welfenherzog Heinrich der Löwe gründete die Stadt und hinterließ ihr Monumente wie die Burg Dankwarderode, den Dom St. Blasii und den Braunschweiger Burglöwen, der noch heute Wappentier der Stadt ist. Zudem förderte er ebenso wie sein Sohn Kaiser Otto IV. Innovationen in Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft. Sie legten damit den Grundstein für eine Stadt, die an der Schwelle zur Neuzeit ein Zentrum von Wirtschaft, Bildung, Innovation und Kommunikation sein konnte und der damit eine besondere Rolle im Kontext der städtischen Reformationen zukommt.
Die Besonderheit der Braunschweiger Reformationsgeschichte ergibt sich aus dem Engagement der Bürgerinnen und Bürger, die die von der Wittenberger Reformation ausgegangenen Impulse früh aufnahmen und durchzusetzen versuchten. Ihre Bemühungen sorgten dafür, dass Johannes Bugenhagen, ein enger Vertrauter Luthers und Stadtpfarrer in Wittenberg, in Braunschweig eine neue Kirchenordnung erarbeitete, die als Vorbild für weitere Kirchenordnungen in Deutschland und Skandinavien diente.
Maßgeblich an den anfänglichen Reformationsprozessen in Braunschweig beteiligt war der Benediktinermönch Gottschalk Kruse (um 1499-1540), der in Erfurt und Wittenberg studiert und Martin Luther persönlich erlebt hatte. Er begann öffentliche Lektionen über das Matthäusevangelium zu halten, die in der Bürgerschaft großen Zuspruch fanden. Obwohl Rat und Klerus ihn aus der Stadt wiesen, war das reformatorische Gedankengut gesät und so fand 1527 in der Braunschweiger Magnikirche die erste Taufe in deutscher Sprache statt. Den drängenden Wünschen der Bürgerinnen und Bürgern entsprechend wandte sich der Rat, der sich aus Rücksicht auf Kaiser Karl V. und den welfischen Landesherrn Herzog Heinrich den Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel lange zurückgehalten hatte, an Martin Luther, der seinen Weggefährten Johannes Bugenhagen nach Braunschweig schickte, um eine neue Kirchenordnung zu erarbeiten.
Bugenhagen legte die von ihm verfasste Kirchenordnung am 5. September 1528 in Braunschweig vor. Sie regelte nicht nur Fragen der Kirchenorganisation und des Gottesdienstes, sondern betraf in gleicher Weise das Schul- und Fürsorgewesen der Stadt. Für Bugenhagens weiteres reformatorisches Wirken nahm die Braunschweiger Kirchenordnung eine Vorbildfunktion ein, so gelangte sie unter anderem über Hamburg und Lübeck bis nach Skandinavien.
In Braunschweig war die Reformation mit der Kirchenordnung aber noch nicht endgültig durchgesetzt, da der Konflikt mit Herzog Heinrich dem Jüngeren, einem der bekanntesten Gegner der Reformation, eskalierte, sodass die Stadt Braunschweig 1531 dem Schmalkaldischen Bund, einem Bündnis zum Schutz evangelischer Städte und Territorien, beitrat. Nach mehreren kriegerischen Auseinandersetzungen brachte erst der Friedenschluss von Wolfenbüttel 1533, in dem die Gültigkeit des evangelischen Bekenntnisses in der Stadt festgeschrieben war, Einigung.
Zum 500-jährigen Jubiläum finden in Braunschweig zahlreiche Veranstaltungen wie Ausstellungen, Führungen, Konzerte, Lesungen, Vorträge, Gottesdienste und Predigtreihen statt.

Die Braunschweiger Reformationsgeschichte ist eng mit Johannes Bugenhagen verknüpft, der als enger Vertrauter Luthers zu den wichtigsten Protagonisten der Reformation gehörte. In Braunschweig erarbeitete Bugenhagen innerhalb weniger Wochen in engem Einvernehmen mit Rat und Bürgerschaft eine umfassende Kirchenordnung, die das gesamte städtische Kirchen-, Schul- und Fürsorgewesen von Grund auf neu gestaltete. Diese Ordnung wirkte vorbildhaft in anderen norddeutschen und skandinavischen Städten. Kinder unterliegen heute der Schulpflicht, Jungen wie Mädchen – hierauf legte Bugenhagen großen Wert. Es ist für uns selbstverständlich, dass es für Menschen in Not eine Sozialhilfe gibt – all dies hat Bugenhagen mit seinen Ideen vorgedacht. Darüber hinaus ist Braunschweig ein klassisches Beispiel für eine Stadtreformation: Die Bürger nahmen die Neuorganisation ihres Kirchenwesens selbst in die Hand.
Foto: Stadt Braunschweig/Nielsen

Ulrich Markurth

Oberbürgermeister, Braunschweig

Links

Stadt Braunschweig: www.braunschweig.de
Reformationsveranstaltungen: www.braunschweig.de/reformationsveranstaltungen
Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Braunschweig: www.landeskirche-braunschweig.de