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Reformationsstadt Sopron

Ungarn

Sopron

Im Schatten Wiens

Die Stadt Sopron liegt im Nordwesten von Ungarn an der Grenze zu Österreich und südwestlich vom Neusiedler See. Die Altstadt mit ihrer Ansammlung aus Straßen, Gebäuden und Plätzen zählt zu den touristisch bedeutenden Städten in Ungarn.
Sopron, zu deutsch Ödenburg, wurde im sechzehnten Jahrhundert zu einem Zentrum der lutherischen Reformation Ungarns. Lutherische Texte gelangten über deutsche Händler und Kaufleute um 1520 in die etwa 5000 Einwohner zählende Freistadt Ödenburg und fanden rasch Verbreitung. Das große Interesse der Bürger an der Lektüre dieser Schriften schilderte der Pfarrer an der St. Michaels-Kirche Christoph Peck: „Es ist allgemein bekannt, dass die Bürger die lutherischen Bücher kaufen und lesen. Wenn sie in den Schenken zusammenkommen, liest einer aus den lutherischen Schriften vor, und die anderen zehn, zwanzig und auch mehr, hören zu, und dann schimpfen sie über den Papst, die Kardinäle und andere los, daß es eine Schande ist.“
Daraufhin legten vom Graner Erzbischof entsandte Kommissare jenen Bürgern und Geistlichen öffentliche Buße auf, die gegen die Vorschriften der Kirche etwa durch die Ablehnung der Fastentage oder des Zölibats verstoßen hatten. Die Intervention des Graner Erzbischofs konnte jedoch nicht verhindern, dass die reformatorische Bewegung immer wieder neue Impulse erhielt, so 1532 durch die Aufnahme österreichischer Lutheraner und 1547 mährischer Anabaptisten. Auch der aus Kärnten stammende Stadtkommandant Johann von Weißpriach förderte die Reformation. Er stand mit den österreichischen protestantischen Ständen in enger Verbindung und unterstützte 1541 ihren Antrag auf freie Religionsausübung. Wichtige Impulse erhielt die Ödenburger Reformation auch durch einen 1553 in der Stadt abgehaltenen Reichstag, auf dem die ungarischen protestantischen Stände gegenüber dem anwesenden König Ferdinand ihre Trennung von der alten Kirche bekannt gaben und die freie Drucklegung protestantischer Schriften durchsetzten.
In der Folge berief der Magistrat der Stadt lutherische Pfarrer, darunter den damals bekannten lutherischen Reformator aus Österreich Simon Gerengel. Auf ihn geht die Reform der Ödenburger lutherischen Gottesdienstordnung zurück, die mit wenigen Änderungen bis 1828 in Gebrauch blieb.
In Ödenburg verlief die Reformation zunächst weitgehend konfliktfrei und in friedlicher Koexistenz mit der katholischen Minderheit. Eine Schlüsselrolle dabei spielte der reformatorischen Gedanken aufgeschlossene humanistische Raaber Bischof Johann Liszti. Sein Nachfolger dagegen Georg Draskovich fuhr einen harten antireformatorischen Kurs. Auf seine Veranlassung hin wurden die evangelischen Prediger 1584 aus der Stadt verwiesen. Obwohl die Stadt nun de jure zum Katholizismus zurückgeführt war, blieb die evangelische Bürgerschaft standhaft und besuchte fortan die Gottesdienste in den umliegenden evangelischen Dörfern. Eine offene antihabsburgische Position konnte sich die Stadt jedoch in der Nähe Wiens aus politisch-strategischen Gründen nicht leisten.
Ein Zentrum des Widerstands bildete eine humanistische literarische Gesellschaft Ungarns, die zum Treffpunkt der evangelischen Intelligenz, der Ratsmitglieder und der in Ödenburg lebenden Adligen wurde. Sie bestand bis zum Sieg der Gegenreformation in der Stadt im Jahr 1674.
Für die Ödenburger brachte der Religionsfrieden des Wiener Vertrags von 1606, der den vom ungarischen Adligen Stephan Bocskai angeführten antihabsburgischen Aufstand in Oberungarn beendete, Religionsfreiheit. Der Magistrat veranlasste daraufhin, dass die evangelische Schule wieder geöffnet und der Gottesdienst wieder innerhalb der Stadtmauern abgehalten wurde. Er sorgte aber auch dafür, dass eine Kapelle renoviert und der kleinen katholischen Gemeinde zur Verfügung gestellt wurde.
Sopron unterhält heute eine Partnerschaft zur burgenländischen Stadt Eisenstadt in Österreich, deren Beziehungen besonders auch auf der kirchlichen Ebene gepflegt werden.

Links

Stadt Sopron: www.sopron.hu
Tourismus: turizmus.sopron.hu
Evangelisch-Lutherische Kirche in Ungarn: www.evangelikus.hu